Corbon

Die wertvollste Landkarte der Welt

Ihre Weinproduktion ist klein, doch ihr Keller ist groß. Nur 10.000 Flaschen produziert Agnès Corbon (Foto) pro Jahr, aber unten im Gewölbe lagern 80.000. »Das ist für uns vollkommen ausreichend«, sagt sie und strahlt. Die großen Champagnerhäuser sind für sie eine andere und unerreichbare Welt. Doch Agnès schaut mit Respekt und auch Dankbarkeit auf sie: »Unternehmen wie Moët & Chandon haben es in den vergangenen 250 Jahren geschafft, den Champagner zum glamourösesten Getränk der Welt zu machen. Davon profitieren wir alle.«

Ende des Ersten Weltkriegs zog ihr Urgroßvater Charles Corbon nach Avize und arbeitete dort in einem Champagnerhaus. 1922 erwarb er die ersten Rebstöcke und verkaufte die Trauben an die großen Hersteller. Aus dieser Zeit besitzt Agnès noch eine Urkunde, die sie mit Stolz den Besuchern zeigt. In den 1960er Jahren begann ihr Vater Claude, einen eigenen Champagner herzustellen.

Heute führt Agnès den kleinen Familienbetrieb in vierter Generation – mit ihrem Vater Claude. Das alte Backsteinhaus an der schmalen Avenue Jean Jaurès in Avize stammt noch aus der Anfangszeit. Mittlerweile bewirtschaftet die Familie drei Hektar Rebfläche. Das ist nicht viel, aber ertragreich. Bei der Produktion setzen Tochter und Vater komplett auf Nachhaltigkeit. Sie stellen ihre Weine ausschließlich aus eigenen Trauben und nach altem Verfahren her: Es wird nicht filtriert, es gibt keine Anreicherungen und keine unnötigen Zusätze, nichts ist geschönt, die Weine werden mindestens fünf Jahre im Keller ausgebaut. Auch deswegen gelten ihre Champagner als geradlinig, ungekünstelt und ehrlich.

In der Weinkelter hat Agnès’ Mutter auf die Keramikkacheln an der Wand eine Landkarte gemalt. Sie zeigt die Champagne. Die Familie hütet diese Karte wie einen Schatz, denn sie ist nicht nur schön, sondern auch ziemlich exakt. Kein Wunder, die Mutter war Geografielehrerin.

Martin Roos

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